21. Deutscher Hispanistentag 2017
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1. Beschreibung und eingeladene Gäste

Juan Gil (Gast)

Juan Gil ist Inhaber eines Lehrstuhls für lateinische Philologie an der Universität Sevilla. Er hat verschiedene kritische Editionen klassisch-lateinischer Texte sowie von lateinischen Texten des hispanischen Mittelalters vorgelegt. Weitere Forschungsschwerpunkte bilden das humanistische Latein im Spanien des 15. und 16. Jahrhunderts sowie den Kontakten zwischen Spanien und dem Fernen Osten im Siglo de Oro.

Kimberly Potowsi (Gast)

Kimberly Potowski ist Inhaberin eines Lehrstuhls für spanische Linguistik an der University of Illinois in Chicago. Dort leitet sie die Forschergruppe Language in Context, in dem u.a. das Corpus del Español de Chicago (CHISPA) erstellt wird. Kimberly Potowski widmet sich in ihrer Forschung v.a. dem Spanischen in den USA sowie Fragen der Bildungspolitik und des Zusammenhangs zwischen Sprache und Identität. Sie hat mehrere Bücher sowie Aufsatzpublikationen zu diesen Themen vorgelegt.

Die zunehmende Spezialisierung des Wissens, die im Rahmen der akademischen Forschung vor allem ab der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eingetreten ist, führte mitunter dazu, dass die Übersetzungswissenschaft und die Philologie in weiten Teilen Europas und Amerikas verschiedene Richtungen eingeschlagen haben. Dies hatte Auswirkungen auf eine klare Ausdifferenzierung der beiden Disziplinen bezüglich ihrer Forschungsinteressen, ihrer Fragestellungen, ihrer Perspektivierung der Analyse und ihrer Zugänge zum Arbeitsmarkt. Während philologische Untersuchungen häufig die literaturwissenschaftliche Perspektive übernommen haben, wurden die Beziehungen zwischen Linguistik und Übersetzung bislang eher selten beachtet, obwohl Coseriu die Übersetzungswissenschaft als einen Teilbereich der Textlinguistik schon vor fast 40 Jahren einforderte. Um, wie Ortega y Gasset sagen würde, vom Elend zum verdienten Glanz im interdisziplinären Feld zu gelangen, müssen die übersetzungswissenschaftlichen und linguistischen Untersuchungen in jedem Fall noch eine lange Strecke auf dem Weg zu einem integrativen Ansatz zurücklegen.

Im Zentrum synchroner Analysen der Sprachkontaktforschung steht nach wie vor die Untersuchung von Interferenzphänomenen, die in prototypischen Sprachkontaktsituationen, also überwiegend in mündlichen Äußerungen in zweisprachigen oder diglossischen Kontexten, auftreten. Übersetzung als medial schriftliches Produkt spielt trotzdem eine wesentliche Rolle in Sprachkontaktprozessen, und dies nicht nur in den auf die kommunikative Distanz bezogenen Texten ‒ wie zum Beispiel im Bereich des internationalen Rechts, oder auch bei der weltweiten Verbreitung aktueller Informationen durch Nachrichtenagenturen, bei offiziellen Übersetzungen von Mitteilungen des europäischen Parlaments oder der Regierung eines Staates etc. ‒ sondern auch in anderen eher zur kommunikativen Nähe orientierten Texten ‒ wie zum Beispiel in Anzeigen, die mit wenig Zeitaufwand geplant werden, in Hinweisen für Touristen in Hotelkomplexen oder in spontanen Kommentaren in Webseiten und sozialen Netzwerken etc.

Aus einer historischen Perspektive galt Übersetzung im Allgemeinen in Europa als Katalysator der schriftlichen Konsolidierung der Kultursprachen, das heißt als ein Motor des sprachlichen Ausbaus (cf. Kloss 19782). Obwohl die Bedeutung der Übersetzung für den Sprachwandelprozess, insbesondere den Wandel „von oben nach unten“, bereits erkannt wurde ‒ wenngleich auf isolierte Art und Weise ‒, ist die Aufmerksamkeit, die Linguisten dem Phänomen der Übersetzung in verschiedenen Perioden der Sprachgeschichte geschenkt haben vergleichsweise gering. Im weiteren Sinne kann jedoch die Untersuchung von Übersetzungen tatsächlich einen Großteil der schriftlichen Kultur einer einzelnen Sprache (u.a. juristische, administrative, politische Bereiche) erfassen, und dies gilt sogar für literarische Werke, bei deren Analyse und kritischer Reflexion das Phänomen der Intertextualität unbedingt berücksichtigt werden muss. Über die Sphäre der Philologie hinaus ist die Übersetzung ein äußerst reicher, komplexer und multidisziplinärer Bereich, der die Teilnahme von Wissensfeldern wie der Linguistik, der Literaturwissenschaft, der Geschichtswissenschaft, der Textkritik, der Philosophie etc. vereinigt.

Aus dieser offenen und integrierenden Perspektive laden wir Forscher zu dieser Sektion ein, die sich für theoretische Aspekte bezüglich der Beziehungen zwischen Übersetzungswissenschaft und Linguistik, Übersetzungsgeschichte, Sprachgeschichte und Literaturgeschichte, Sprachwandel und Sprachkontakt, sowohl aus einer synchronen als auch einer diachronen Perspektive, interessieren. Willkommen sind auch Vorschläge, die folgende Themen in Betracht ziehen: konkrete Aspekte des syntaktischen und diskursiven Ausbaus hinsichtlich der Übersetzungstätigkeit, Interferenzphänomene auf Grund vom historischen oder aktuellen Sprachkontakten zwischen dem Spanischen und anderen Sprachen, kulturwissenschaftliche Untersuchungen über Übersetzung und Intertextualität, die die Beziehungen zwischen Quell- und Zielsprache als wesentlichen Teil der Entwicklung der spanischen Sprache berücksichtigen, und Analysen übersetzter Texten aller Epochen.

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